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Gutes Verhalten stark machen

CLICKERN LEICHT –

MACH GUTES VERHALTEN STARK!

pixelnasen by karo mayer
pixelnasen by karo mayer

Wir haben aktuell großartige Möglichkeiten, uns online im Hundetraining weiterzubilden. Auch der Bildungsgrad unserer Kund*innen nimmt damit immer weiter zu.

 

Im Dezember 2022 hatte ich über die Fortbildungsplattform Veni.Vidi.Wuff! die Möglichkeit, ein Webinar mit dem Titel „CLICKERN LEICHT – Effizient und belohnungsbasiert trainieren“ zu halten.

 

Die wichtigsten Inhalte sind in diesem Block zusammengefasst.

 

 

CLICKERTRAINING KANN HELFEN, NEUES VERHALTEN SCHNELLER ZU ERLERNEN … ODER DOCH NICHT?

Viele Trainer*innen bieten in ihrer täglichen Praxis Clickertraining an, aber was sagt die Wissenschaft? In einer Studie aus 2021 wurde untersucht, ob und unter welchen Bedingungen ein Clicker als sekundärer Verstärker effektiver ist als ein anderer verbaler Marker oder gar kein extra konditionierter sekundärer Verstärker. Es wurden drei Aufgaben gestellt und dabei die Lerngeschwindigkeit junger Hunde ohne vorherige Trainingserfahrung beobachtet.

 

Getestet wurde unter drei Bedingungen:

  • Sofortige Gabe des primären Verstärkers,
  • Markerwort mit folgendem primären Verstärker,
  • Click mit folgendem primären Verstärker.

Als primärer Verstärker wurde Futter eingesetzt.


Das Ergebnis: Erfahrener Trainer*innen können ein neues Verhalten ohne Clicker/Marker genauso schnell (wenn nicht sogar schneller) trainieren. Der Link zur Studie befindet sich am Ende des Blogs.

 

Als Österreichvertreterin des CLICINO® Clicker Rings und motivierte Clicker Praktikerin war ich überrascht über das Ergebnis der Studie. Deswegen habe ich Dr. Stefanie Riemer um ein Statement gebeten. Sie ist Verhaltensbiologin
und ebenfalls Mitglied der VÖHT.

 

Ich habe ihre Sprachnachricht möglichst identisch wiedergegeben und bedanke mich aus vollem Herzen, dass sie diesen so wichtigen Part übernommen hat, indem Wissenschaft auf Praxis trifft:

 

pixelnasen by karo mayer
pixelnasen by karo mayer

„In der Studie ging es in der ersten Übung um das Warten – etwas, das ich ohnehin nicht mit Clicker belohnen würde. Die beiden anderen Übungen wurden gelockt – zuerst war das Futter an der Stelle, wo die Hundenase hinkommen sollte.

 

KEINE DER DREI ÜBUNGEN WURDE MIT SHAPING DURCHGEFÜHRT! DER HAUPTVORTEIL DES CLICKERS IST NATÜRLICH DIE PRÄZISE INFORMATION IM SHAPING, WENN ES UM SPEZIFISCHE KÖRPERBEWEGUNGEN GEHT.

 

Bei den beiden Tricks aus Experiment zwei und drei ging es darum, dass der Hund mit der Nase irgendwohin musste.  Hier war der Futterpunkt besonders wichtig im Training, wohl wichtiger als wie genau das Timing war – der Hund wurde genau in der Position bestätigt, wo er sein sollte.

 

Das ist aber in vielen anderen Bewegungen gar nicht möglich: Wenn der Hund sich DREHEN soll, hilft der Futterpunkt nicht so. Oder das Beispiel mit dem HINTERBEIN
ANHEBEN: Ich habe das gemarkert aus dem Rückwärts-wo-raufgehen, in dem Moment, wo der Hund eben das Hinterbein angehoben hatte. Hier müssen wir präzise sein, damit der Hund weiß, was das Richtige ist. Ohne Marker oder Clicker wäre diese Methode schwer umzusetzen.

 

Ein anderes Beispiel, wo der Clicker oder Marker wichtig ist, ist das Einfangen von ZUFÄLLIG GEZEIGTEM VERHALTEN des Hundes: Mein Hund Yari hatte seine NASE MIT DER PFOTE VERGRABEN; ich lag noch im Bett und habe das Markerwort gesagt. Er hat verstanden, worum es ging; ich habe das Leckerli geholt, hab gesagt ‚Schäm dich!‘ und er hatte das Verhalten tatsächlich wiederholt. Durch den Clicker bzw Marker sage ich ihm genau: „Cool, dieses Verhalten gefällt mir!“

 

Hätte ich einfach so ein Leckerli geholt, hätte er mit dem Verhalten aufgehört und möglicherweise nie wieder gezeigt.“

 

Hier ein Link zu dem Video auf Stefanies Facebookseite:

 

WIR WERDEN VERSTÄRKT, WENN WIR VERSTÄRKEN und WENN DU DICH OHNE CLICKER NACKT FÜHLST

 

Diese beiden Aussagen über die Stimmungslage beim Clickertraining von Dirk Emmrich 2023 haben mich zum Schmunzeln gebracht. Ähnlich wie ohne Gurt im Auto, fühlen sich manche Menschen ohne Clicker nackt. Ich bin eine davon: Ich habe den Clicker Ring in unserer abendlichen Gassirunde zur Gewohnheit gemacht; er fehlt, wenn ich ihn vergesse. Und ich merke, wie meine Motivation steigt, wenn ich viel bei dieser Runde clicken kann.

 

Ich teile meine Vierer-Hunde-Gang in zwei kleinere Gruppen; so können wir uns alle besser konzentrieren, das Üben macht Spaß, alle wollen mehr davon.

 

Es ist halt so wie überall im Leben, Verhalten ist die Sache jedes Einzelnen und ob jemand mit oder ohne Clicker trainiert, ist seine persönliche Entscheidung. Wobei, erst kürzlich habe ich nach einem Training folgende Zeilen erhalten: „Wollte nur berichten, dass wir gleich mit dem Clicker Training begonnen haben, und ich liebe diesen Clicker Ring jetzt schon. Bisher hat es an meiner Motivation mit meinem alten Clicker gelegen, das funktioniert jetzt so gut!“ Ja, wir werden verstärkt, wenn wir verstärken! Und, es geht um Kommunikation, immer!

 

DER PROZESS DER VERSTÄRKUNG – EIN VERHALTEN WIRD KRAFTVOLLER-ROBUSTER-STÄRKER!

 

Bei jedem Verstärkungsprozess wie etwa im Moment des Clickens kommt es zu einer Synapsenbildung im Gehirn. Dabei wird alles, was unsere Hunde sehen, riechen, hören, schmecken, fühlen können, also alles, was in der Außerwahrnehmung ist, wird vernetzt mit der Innenwahrnehmung. Es bildet sich das Gedächtnis zu dem, was an

diesem Ort passiert. (vgl Dirk Emmrich, 2023)

 

Verstärker ist ein Wort, das uns im belohnungsbasierten modernen Hundetraining laufend begleitet. Verstärker sind dafür zuständig, dass ein Verhalten auftritt und immer stärker wird. Durch den Aufbau von Verstärkern entwickelt der Hund eine Beziehung zum Menschen = die Verstärkergeschichte.

 

DIE VERSTÄRKERGESCHICHTE = BASIS FÜR EFFIZIENTES TRAINING

 

Für jeden Hund sollten wir möglichst viele Verstärker zur Auswahl haben! Je mehr positive Verstärker desto bereichernder ist das Leben des Hundes, desto einfacher kann er sich an neue Situationen anpassen. Schau immer, was du belohnst! Wir bekommen, was wir verstärken. Wie ist der mentale Zustand des Hundes? Vorsicht bei Erregung, belohne die Konzentration! Immer wenn Verhalten auftritt, wurde es irgendwo irgendwann belohnt, direkt von uns oder von der Umwelt.

 

SEKUNDÄRE VERSTÄRKER UND IHRE VIELEN VORTEILE

Wie schon erwähnt ist im Hundetraining einer der bekanntesten sekundären Verstärker der Clicker bzw ein Markersignal; ein Reiz, der verwendet wird, um ein gewünschtes Verhalten zu markieren. Sekundäre Verstärker sind Ankündigungen auf einen primären Verstärker, sie sind ursprünglich neutral – die Wirkung entsteht erst durch die Verknüpfung mit primären Verstärkern (konditionierte Verstärker). Sie behalten die Wirksamkeit auf Dauer nur in Verbindung mit primären Verstärkern.


Das Training mit sekundären Verstärkern bietet viele Vorteile: Sie führen weniger schnell zu Sättigung und es ist viel Variabilität möglich, die dem Hund zusätzliche mentale Anregung bietet. Sie haben eine breite Einsetzbarkeit … sindauch möglich, wenn der Hund nicht fressen darf (zB vor Narkose) oder kann (zB Erregungslage zu hoch); zusätzlich ist die schnelle Futterübergabe meist einfacher (Timing!), wenn mit Clicker/Marker gearbeitet wird.

 

Wer clickt, sorgt für Dopaminausschüttung, das aktiviert das Belohnungs- und Motivationssystem.

 

MUSS DER CLICKER VOR DEM ERSTEN EINSATZ KONDITIONIERT WERDEN?

Wir können den Clicker vor dem Einsatz aufladen = klassisch konditionieren mit Click-Futter-Click-Futter …, dh rund 10 x Clicken gefolgt von schmackhafte Minileckerlis. So wird die Verknüpfung im Gehirn geschaffen.

 

Hier gibt es einiges zu bedenken: Bei der klassischen Konditionierung belohnen wir das Tier eher für Passivität, für eine Art Abwarten, wobei wir später aber lieber ein aktiveres Verhalten mit dem Click belohnen möchten.


Außerdem: Das Tier kann keinen Zusammenhang erkennen, dass sein Verhalten etwas bewirkt.

 

Viel wichtiger ist: Wie halte ich es mit dem Clicker im Einsatz? Wie erhalten wir die optimale Wirkung des Verstärkers? Je schneller nach dem Click das Futter erfolgt, desto besser ist die Wirkung. Der Hund kann ansonsten ein Verhalten zeigen, welches ich gar nicht wollte. Tatsächlich können wir uns die klassische Konditionierung sparen, denn nachher sind im Einsatz so viel mehr Wiederholungen und diese sind viel wichtiger. (vgl R+Expert, Nadine Hehli
und Simone Fasel, 01/2021)

 

CAPTURING – SHAPING – (LURING/LOCKEN) – TARGETS – SPEZIALFORM STATIONS/PLATTFORMEN

Die Methode macht einen Unterschied für das Lernverhalten und die Fähigkeit, in Zukunft Verhalten zu etablieren.


CAPTURING: Wir belohnen Verhaltensweisen, die der Hund ganz natürlich von sich aus zeigt (Herankommen, Anschauen, …). Klassische Capturing Aufgaben sind Positionen (Sitzen, Liegen, …) und wichtig, immer in Verbindung mit einem Auflösesignal. Das Auflösesignal hilft dem Tier, schneller zu verstehen, wann es eine Position halten soll! Manches Verhalten ist nur über Capturing möglich (Tricks wie die Zunge leckt über den Fang, Gangarten, …). Der Fokus liegt auf der Aufgabe (nicht den Leckerlis) und es kommt viel vom Hund selbst (mentale Stimulation). Der
Mensch kann sein Timing trainieren und es ist ideal bei Problemverhalten und dem Aufbau von Alternativverhalten.


SHAPING/(freies) FORMEN: Wir bauen neues Verhalten auf. Alles, was körperlich geht und hier sind die Möglichkeiten sind fast grenzenlos (Umrunden, Tricks, …).
Shaping ist vermutlich eines der faszinierendsten Dinge beim Clickertraining. Der Hund arbeitet aktiv und motiviert im Lernprozess mit massiv erhöhter Selbstständigkeit. Der Mensch kann sehr schnell sehr schwierig aussehendes
Verhalten trainieren. Das Verhalten wird schrittweise aufgebaut (kleinste Zwischenschritte), der Hund wird für jeden Schritt in Richtung Endziel geclickt und belohnt. Das Ausgangsverhalten ist im natürlichen Verhaltensrepertoire des
Hundes vorhanden.


(LURING/LOCKEN): Shaping ist faszinierend, aber vor allem für das Einstiegsverhalten wird oft mit Locken gearbeitet. Hier gilt es zu bedenken, dass das Lockmittel bald abgebaut wird. Warum? Es könnte sonst Teil des Signals werden
und zB wenn das Leckerli vor der Nase fehlt, könnte auch der Hund des Gehen-an-lockeren-Leine auflösen.


Gerade bei Crossover-Hunden (Hunde, deren Ausbildung bisher auf Basis von Korrektur und Bestrafung erfolgte) kann es etwas länger dauern, bis der Hund mutig genug ist, sich frei zu bewegen und uns Verhalten anzubieten.
Teilweise zeigen traditionell trainierte Hunde erlernte Hilfslosigkeit nach dem Motto: Ich mach alles, was du mir sagst! Wir wollen Partner auf Augenhöhe, wir wollen Hunde, die mit uns kooperieren und gute Entscheidungen treffen! Aus all diesen Gründen habe ich das Thema Locken in Klammer gehalten. Denn Locken und Fahren mit Navi haben eines gemeinsam: Wenn wir am Ziel sind, wissen wir oft nichts über den Weg dorthin.


TARGETS: Der Hund berührt bestimmte Zielpunkte oder bewegt sich in dessen Richtung. Targettraining ist neben Capturing und Shaping eine weitere Variante, wie wir Verhaltensweisen erhalten können und letztendlich vermischen sich alle.


Auch hier gilt: Bitte Targets nicht als Lockmittel verwenden, sondern als Zielpunkte. Nehmen wir das Beispiel, dass der Hund über die Hängebrücke gehen soll: Beim Locken schaut der H nicht auf den Weg, der Fokus würde auf dem Lockmittel liegen. Besser ist es, mit Targets Laufziele in kleinen Schritten zu schaffen.


SPEZIALFORM STATIONS/PLATTFORMEN: Erhöhte Plattformen finden Hunde anziehend, sie suchen diese gerne auf. Hunde wissen ganz genau, wo sie die Belohnung finden. Auf der Erhöhung können wir besser rückmelden und sehr
schnell präzises Verhalten erreichen. Viele Tiere haben ein natürliches Interesse daran (Baumstamm, Hundeliege, …). Plattformen gehören zu den Antezedenten (Umweltgegebenheiten) und helfen uns beim Aufbau von Verhaltensweisen wie zB dem Drehen am gelben runden erhöhten Target in die Fußposition (Elefantentrick).
Einziger Nachteil: Stations sind oft schwer zu transportieren!


Nach der Auflistung der zahlreichen Methoden, um Verhalten zu etablieren, soll dieser Beitrag vor allem motivieren dranzubleiben und ein Trainingsverständnis zu entwickeln.

 

MEIN ZIEL IST, DIE BESTE BEZIEHUNG ZU MEINEN HUNDEN ZU HABEN UND DABEI SEHE ICH DEN CLICKER ALS WICHTIGES TRAININGSTOOL.

 

The click is not the trick: the efficacy of clickers and other reinforcement methods in training naïve dogs to perform new tasks. (2021)
https://doi.org/10.7717/peerj.10881
https://peerj.com/articles/10881/
“If I could talk to the animals …”, Reinforcement Interaction as Communication (1992, Historisches rund um’s Clickertraining)

 

 

Fazit: Clickertraining kann sehr effektiv sein. Je mehr Übung wir darin haben, je klarer und konsequenter wir sind, desto belohnender für den Hund, desto verstärkender für das erwünschte Verhalten.

 

 

Anmerkung der VÖHT:

Die Blogtexte geben die individuelle Meinung und Herangehensweise der Autorin, des Autors wieder.