Stellungnahme der VÖHT zu den Artikeln „Wie viel Strenge darf noch sein?“ in der Kleinen Zeitung Steiermark und Kärnten vom 10.10.2025
Wenn in Medien Trainingsmethoden vorgestellt werden, die Tierleid verursachen oder die Sicherheit von Mensch und Hund gefährden, ist Aufklärung notwendig.
Die Kleine Zeitung stellte in ihrem Beitrag zwei sehr unterschiedliche Ansätze gegenüber:
bedürfnis- und belohnungsbasiertes Training – erklärt unter anderem von einem Mitglied der VÖHT – und Methoden, wie sie von Herrn Georg Resch („Teufelshunde“) beschrieben wurden. Bei Herrn Resch geht es dabei ausdrücklich um den Einsatz von Strafe als Methode, konkret in Formen körperlicher Übergriffe und durch ein einschüchterndes, drohendes körpersprachliches Verhalten.
Der Artikel erweckt den Eindruck, es handle sich um zwei gleichwertige Sichtweisen.
👉🏻 Das ist irreführend – und gefährlich.
Uns ist unverständlich, warum ein öffentliches Medium Trainingsmethoden Raum gibt, die aus tierschutzrechtlicher und ethischer Sicht höchst bedenklich sind.
Medien tragen eine besondere Verantwortung, wenn es um die Darstellung des Umgangs mit Tieren geht – insbesondere dann, wenn dieser im Widerspruch zu geltenden Tierschutzprinzipien steht.
Das österreichische Tierschutzgesetz (§ 5 TSchG) hält klar fest:
Tieren dürfen keine ungerechtfertigten Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden.
Auch das Strafgesetzbuch (§ 222 StGB) verbietet Tierquälerei.
Handlungen wie Treten, Leinenrucke oder das Zufügen von Angst und Schmerz stehen damit im Widerspruch zu einem tierschutzkonformen Umgang mit Hunden.
Aus verhaltensbiologischer Sicht lassen sich viele der im Artikel beschriebenen Reaktionen anders einordnen, als es auf den ersten Blick scheint.
Hunde, die durch Strafe oder Einschüchterung beeinflusst werden, zeigen häufig Stresssymptome und Unsicherheiten, die fälschlich als „Gehorsam“ interpretiert werden.
Eine scheinbare Ruhe nach Strafen kann Ausdruck von erlernter Hilflosigkeit oder Resignation sein – nicht von Gelassenheit.
Auch ein schwanzwedelnder Hund signalisiert in solchen Situationen meist kein freudiges Verhalten, sondern versucht, die bedrohliche Lage zu entschärfen – eine Form der Beschwichtigung.
Solche Missverständnisse tragen dazu bei, dass gewaltsame Methoden verharmlost werden – mit negativen Folgen für Hunde, ihre HalterInnen und das gesellschaftliche Verständnis von Tierschutz und Verantwortung.
Warum Trainer mit aversiven Methoden dennoch Aufmerksamkeit erhalten
Die VÖHT beobachtet seit Jahren, dass Trainer, die mit aversiven Methoden arbeiten, vermehrt mediale Präsenz erhalten.
Diese Aufmerksamkeit führt zu Reichweite – und damit häufig auch zu neuen KundInnen.
Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Der Eindruck von Kontrolle: Strafe oder Dominanzverhalten erzeugen kurzfristig den Anschein von Kontrolle, werden jedoch häufig mit Kompetenz verwechselt.
- Gesellschaftliche Prägung: Überholte Glaubenssätze wie „Ein Klaps hat noch niemandem geschadet“ sind in Teilen der Bevölkerung weiterhin verankert und tragen zur Verharmlosung von Gewalt bei.
- Der Wunsch nach schnellen Lösungen: Wer sich überfordert fühlt, greift oft zu scheinbar einfachen Methoden – auch wenn diese langfristig negative Folgen haben.
- Mediale Dramaturgie: Gegensätze erzeugen Aufmerksamkeit. Wenn aversive und belohnungsbasierte Ansätze als gleichwertige Alternativen präsentiert werden, entsteht ein verzerrtes Bild der Realität.
- Visuelle Wirkung: Szenen, in denen Hunde „plötzlich gehorchen“, wirken spektakulär, vermitteln jedoch ein falsches Verständnis von Trainingserfolg.
- Faszination Autorität: Ein autoritäres Auftreten wird mitunter fälschlich als Zeichen von Stärke oder Fachwissen wahrgenommen.
Die VÖHT warnt seit Jahren davor, solchen Methoden durch mediale Berichterstattung zusätzliche Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Eine Plattform für Gewalt- oder Strafmethoden – auch wenn sie vermeintlich der Ausgewogenheit dient oder der Steigerung von Leserzahlen – fördert nicht die sachliche Aufklärung, sondern trägt zur Normalisierung problematischer Praktiken bei.
Diese Dynamiken erklären, warum veraltete und tierschutzrelevante Trainingsmethoden noch immer öffentliche Sichtbarkeit erlangen – obwohl sie wissenschaftlich und ethisch nicht haltbar sind.
Haltung der VÖHT

Die VÖHT (Vereinigung Österreichischer HundeverhaltenstrainerInnen) steht klar und unmissverständlich für gewaltfreies, wissenschaftlich fundiertes und tierschutzkonformes Hundetraining.
Sicheres, vertrauensvolles Verhalten entsteht nicht durch Einschüchterung, sondern durch Verständnis, Kooperation und klare Kommunikation.
Vertrauen kann man nicht erzwingen – man muss es sich verdienen.
Deshalb appellieren wir an Medien, Journalist:innen und Redaktionen:
- Recherchieren Sie kritisch, wenn Gewaltmethoden als „Training“ verkauft werden.
- Bieten Sie kein Forum für Handlungen, die Leid verursachen oder im Widerspruch zu geltendem Recht stehen.
- Stärken Sie jene Stimmen, die wissenschaftlich und ethisch korrekt arbeiten – im Sinne des Tierwohls und einer professionellen Branche.
Training mit Gewalt hat weder im modernen Hundetraining noch in der öffentlichen Berichterstattung einen Platz.
Zum Wohl der Hunde.
Zum Wohl unserer Profession.
eure und Ihre
VÖHT - Vereinigung Österreichischer HundeverhaltenstrainerInnen
Fotos: Karin Immler