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Der Welpe - KEIN unbeschriebenes Blatt

© Lara-Maria Nestyak
© Lara-Maria Nestyak

Bestimmt hast du auch schon einmal diesen Satz gehört oder gar selbst gesagt: „Wir holen uns einen Welpen, den können wir so erziehen wie wir ihn haben wollen.“ Aber was ist dran, an der Idee des einfach formbaren Welpen?

 

Ganz grundsätzlich kann gesagt werden: das Verhalten eines Hundes ist eine Kombination seiner Genetik und seiner bisherigen Erfahrungen.

 

Auf die Genetik kannst du nur bedingt Einfluss nehmen. Suchst du dir eine wirklich versierte Zuchtstätte, dessen Ziel gesunde und wesensfeste Hunde sind, dann wird dort viel Wert auf optimale Verpaarungen gelegt. Frag unbedingt nach, wie die Eltern deines Wunschwelpen ausgesucht wurden und lass dir auch jedenfalls die Mutter zeigen! Holst du dir einen Welpen aus dem Tierschutz (oder von Vermehrern), kannst du zur Genetik nur Spekulationen anstellen.

 

Wie bereits erwähnt, ist die Genetik aber nicht alles, denn auch Erfahrungen spielen eine große (vielleicht sogar eine größere) Rolle. Hast du darauf immer Einfluss? Leider nein! In den ersten 8 bis 12 Wochen befindet sich der Welpe noch nicht bei dir und erlebt doch schon eine ganze Menge.

 

Nochmals zurück zum Anfang: bereits im Bauch der Mutterhündin sind Welpen verschiedenen Einflüssen ausgesetzt, die Auswirkungen auf ihr späteres Verhalten haben können. Ist die Mutterhündin während der Trächtigkeit beispielsweise fortwährendem Stress ausgesetzt, hat dies negative Auswirkungen auf die kognitive und emotionale Entwicklung ihrer Kleinen. 

 

Nach der Geburt geht es gleich weiter: der Welpe braucht in den ersten Lebenswochen Umweltreize, damit sich sein Gehirn optimal entwickeln kann. Das heißt er muss Dinge kennen lernen dürfen. Und zwar in seinem Tempo. Ein Welpe, der nur einen Verschlag oder eine Zwingeranlage kennt, ist nicht annähernd optimal auf ein Leben als Familienhund vorbereitet. Ein Hundebaby, das vom Züchter durch zu viel Aktivität überfordert wird, allerdings auch nicht.

 

Schon in den ersten Wochen ist es wichtig, dass der junge Hund sich an verschiedenste Dinge gewöhnt, um optimal für das Leben mit uns Menschen vorbereitet zu sein. Dazu gehören Dinge wie das Wohnzimmer und die entsprechenden Geräusche darin, der Garten, laute und humpelnde Menschen, kleine und große Hunde, städtische Umgebung, laute Geräusche und vieles mehr. Das hört sich ganz schön viel an und ist es auch. Der wichtigste Punkt dabei ist, dass der Welpe sich dabei immer wohlfühlen muss. Denn nur so kann er lernen, dass das alles Dinge sind, die in Ordnung sind und keine Gefahr darstellen.

 

Wird der Welpe von seinem Züchter (oder auch später von seiner Familie) häufig überfordert, wird er auch als erwachsener Hund mit Überforderung (Stichwort: Problemverhalten) auf verschiedenste Situationen reagieren.

 

Das alles betrifft die Zeit BEVOR ein Welpe bei dir einzieht. Und das alles ist sehr wichtig, weil es Einfluss darauf haben wird, wie er sich bei dir entwickelt. Das heißt nicht, dass du dir nur einen Welpen aus einer Zucht holen sollst. Es bedeutet vielmehr, dass du dich fragen sollst, wie das Leben deines Welpen vor dem Einzug in deine Familie ausgesehen hat.

 

Fazit: Ja, mit Welpen lässt sich wunderbar trainieren und diese Zeit solltest du auch unbedingt zum Training und zur weiteren Sozialisation nutzen. Aber nein, ein Welpe ist keine beliebig formbare Masse, aus der man sich den Hund bastelt, den man gerne hätte. Welpen und auch erwachsene Hunde sind Lebewesen und als solche müssen sie respektiert und ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten werden.